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Beitrag vom 06.03.2014
Ergebnisse der EU-Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zu sexualisierter Gewalt gegen Frauen sind alarmierend
Philippa Schindler
Alle drei Minuten wird eine Frau vergewaltigt, weniger als ein Prozent der Täter wird verurteilt. Die Ergebnisse des Berichts sind alarmierend und rufen zu dringenden politischen Gegenmaßnahmen auf.
Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2014 veröffentlicht die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) die bislang weltgrößte Erhebung zu sexualisierter Gewalt gegen Frauen. Für den Bericht wurden über 42.000 Frauen in den EU-Mitgliedstaaten befragt – mit erschreckendem Ergebnis. Jede Dritte erlebte seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt.
Die EU-Studie belegt nicht nur die weitverbreitete Gewalt gegen erwachsene Frauen, sondern schildert auch gewaltvolle Übergriffe, die Frauen in ihrer Kindheit erfahren haben. Befragt wurden die Teilnehmerinnen zu ihren Erfahrungen mit körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt. Thematisiert wird in der Erhebung aber auch Stalking, sexuelle Belästigung und die Rolle, die neue Technologien bei Missbrauchserfahrungen spielen.
Die Antworten der Studie führten dabei zu folgenden Ergebnissen:
33 % der Frauen haben seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren. Dies entspricht etwa 62 Millionen Frauen.
ebenfalls 33 % der Frauen haben in der Kindheit körperliche oder sexuelle Gewalt durch eine/n Erwachsenen erfahren.
55 % der Frauen haben irgendeine Form der sexuellen Belästigung erlebt. 32 % der Opfer sexueller Belästigung nannten als TäterInnen Vorgesetzte, KollegInnen oder KundInnen.
67 % meldeten die schwerwiegendsten Gewaltvorfälle innerhalb einer Partnerschaft nicht der Polizei oder einer anderen Organisation.
Weitere Statistiken sind auf der Internetseite der FRA zusammengefasst.
Das enorme Ausmaß der Gewalt gegen Frauen zeigt deutlich, dass politische EntscheidungsträgerInnen endlich Gegenmaßnahmen ergreifen müssen. "Körperliche, sexuelle und psychische Gewalt gegen Frauen ist eine gravierende Menschenrechtsverletzung, die in allen EU-Mitgliedstaaten anzutreffen ist.", erklärt der FRA-Direktor, Morten Kjaerum und betont: "Die Ergebnisse dieser Erhebung können und dürfen nicht ignoriert werden."
Doch auch andere Gruppen, wie etwa ArbeitgeberInnen, medizinisches Fachpersonal und Internet-ProviderInnen, sind in der Verantwortung, sich diesem Problem zu stellen. Denn Gewalt gegen Frauen geschieht tagtäglich – und überall.
Aus diesem Grund ruft auch TERRE DES FEMMES zu einer Unterschriftenaktion auf. Unter dem Titel "Vergewaltigung – Schluss mit der Straflosigkeit!" haben bereits 10.000 Menschen unterschrieben und fordern eine Reform des Strafgesetzes (§ 177) und die psychosoziale Prozessbegleitung für Betroffene. Laut den OrganisatorInnen der Aktion weist das Gesetz zu Vergewaltigung gravierende Lücken auf und steht auch im Widerspruch zu internationalen Menschenrechtskonventionen. Auch der Umgang mit Betroffenen im Gerichtsverfahren muss verbessert werden. Während der Verhandlungen durchleben diese den Übergriff häufig noch einmal und sind dabei die meiste Zeit völlig auf sich alleine gestellt.
Einen Beitrag gegen die weltweite Gewalt an Frauen will auch UN Women, das Nationale Komitee Deutschland e.V., leisten. Mit einer Spendenaktion sollen Gelder für die Organisation Grassroot Soccer in Südafrika gesammelt werden. In diesem Land wird seit Jahren die höchste Quote von Gewalt gegen Frauen und Mädchen gemessen: alle acht Stunden wird eine Frau durch ihren Intimpartner getötet und alle vier Minuten eine Frau oder ein Mädchen vergewaltigt. Gegen diese Zahlen kämpft Grassroot Soccer, eine anerkannte und mit Preisen ausgezeichnete Initiative, an – und zwar mit Fußball. Das Programm bildet Coaches aus, die Jugendliche über geschlechtsspezifische Gewalt aufklären und gezielt Mädchen in ihrem Recht auf ein Leben frei von Gewalt stärken. Eine Besonderheit des Programms ist die Einbindung von Jungen und Männern. Nicht als Gegenspieler sondern als Partner.
Weitere Informationen und Initiativen finden Sie unter:
www.fra.europa.eu
www.frauenrechte.de
www.unwomen.de
Blog des Aktionskreises gegen sexualisierte Gewalt / Kofra
#ichhabnichtangezeigt, die Social-Media-Kampagne zur gesellschaftlichen Enttabuisierung sexualisierter Gewalt
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
TeilnehmerInnen für anonyme Online-Befragung zum Thema sexuelle Übergriffe gesucht - Studie des Instituts für Kriminologie läuft noch bis März 2014
Nein heißt Nein. Zur Situation in Deutschland zehn Jahre nach Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes, (2012)
Auswertung der Online-Kampagne #ichhabnichtangezeigt widerlegt Vergewaltigungsmythen, (2012)
Kongress Streitsache Sexualdelikte - Frauen in der Gerechtigkeitslücke, (2010)
(Quellen: Pressemitteilung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA), Pressemitteilung von TERRE DES FEMMES, Menschenrechte für die Frau e.V., Pressemitteilung von UN WOMEN Nationales Komitee Deutschland e.V.)